Gut ausgebildete Profis für den Aussenhandel
14-03-2023
Die Schweizer Wirtschaft ist im internationalen Handel gefordert wie selten zuvor. Gut ausgebildete Aussenhandelsleiterinnen und Aussenhandelsleiter bilden das Rückgrat eines Unternehmens, wenn es darum geht, Herausforderungen wie gestörte Lieferketten, Wechselkursschwankungen, fehlende Rohstoffe, explodierende Energiekosten, Protektionismus und Embargos anzugehen und zu lösen.
Ein Grossteil der Schweizer Unternehmen ist stark international ausgerichtet, sowohl im Einkauf und Verkauf als auch mittels Auslandliederlassungen für Produktion und Vertrieb. 2021 lag die Exportquote der Schweiz bei 69,9 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Kaum ein Land ist somit so stark von Auslandmärkten abhängig wie die Schweiz. Der hohe Exportanteil garantiert der Schweiz Wohlstand und internationale Bekanntheit.
Die enormen und komplexen Herausforderungen in den letzten Jahren und Monaten im internationalen Handel haben die Schweizer Wirtschaft maximal gefordert. Um lieferfähig zu bleiben, mussten die Unternehmen rasch und oft radikal reagieren, und es zeichnet sich keine Beruhigung ab. Im Gegenteil, die Anforderungen steigen!
Profis können Risiken erkennen
Alle Vorzeichen im Aussenhandel deuten auf Instabilität in der internationalen Beschaffung und dem Vertrieb hin und folglich auf erhöhte Risiken. Diese müssen die Unternehmen frühzeitig erkennen und weitgehendst reduzieren. Aktives Risikomanagement ist daher im Aussenhandel eine Daueraufgabe geworden, um im internationalen Umfeld bestehen zu können.
Für diese anspruchsvolle Tätigkeit braucht es vertiefte und breite Expertisen und fundierte Erfahrung im Aussenhandel. Doch wer sind diese Spezialisten, die über das notwendige Wissen und Können auf Kaderstufe verfügen?
Aussenhandel im Einkauf und Verkauf
Je nach Geschäftstätigkeit und Marktausrichtung eines Unternehmens sind die Managementkompetenzen im Aussenhandel in unterschiedlichen Bereichen angesiedelt. Bei importierenden Handelsunternehmen mit Ausrichtung auf den Schweizer Markt ist typischerweise die Einkaufsleitung und bei exportierenden Produktionsfirmen die Verkaufsleitung hauptsächlich für diese anspruchsvollen Aufgaben verantwortlich. Doch verfügen Einkauf und Verkauf über genügend Spezialwissen im Aussenhandel?
Spezialisiert und generalisiert
Die vielfältigen Managementaufgaben im Aussenhandel entlang der Wertschöpfungskette eines international tätigen Unternehmens benötigen immer öfter Spezialistinnen und Spezialisten. Diplomierte Aussenhandelsleiterinnen und Aussenhandelsleiter übernehmen diese anspruchsvollen und komplexen Managementaufgaben. Um diese Spezialaufgaben unter Berücksichtigung aller aussenhandelsrelevanten Aspekte erfolgreich ausführen zu können, erlangen diese Profis eine breite und zugleich tiefe Managementausbildung über sämtliche Themen im Aussenhandel sowie über wesentliche betriebswirtschaftliche Kenntnisse.
Aussenhandelsleiterinnen und Aussenhandelsleiter sind daher Generalisten im Aussenhandel und können in verschiedensten Kader- und Spezialistenfunktionen im internationalen Umfeld eines Unternehmens mit ihrem Wissen und Können zum Erfolg eines Unternehmens beitragen.
Komplexe Managementaufgaben
Aussenhandelsleiterinnen und Aussenhandelsleiter waren von zehn Jahren mehrheitlich für die Leitung des Exports und für den Versand verantwortlich. Durch die Verschmelzung von Import, Export und Crosstrade bei Unternehmen und durch die konstante Veränderung der Rahmenbedingungen im Aussenhandel hat sich auch das Aufgabengebiet ständig verändert und kontinuierlich erweitert.
Heute übernehmen sie verschiedenste Funktionen in Industrie und Handel. Sie leiten Abteilungen wie «Export, Import, Crosstrade», «Vertrieb International» und «Spedition und Versand» oder sie sind verantwortlich für die Distributoren im Ausland oder für definierte Auslandmärkte. Ebenso übernehmen sie Fachfunktionen als «Trade Compliance Officer» und «Key Account Manager» oder sind als Projektleitende für die Erschliessung neuer Auslandmärkte zuständig.
Als Kompetenzzentrum im Aussenhandel beraten und unterstützen sie den Einkauf und Verkauf in sämtlichen Aussenhandelsthemen.
In international tätigen Unternehmen übernehmen Aussenhandelsleiterinnen und Aussenhandelsleiter anspruchsvolle Managementaufgaben. Sie sind für das Risikomanagement und für die Sicherstellung der Compliance der internationalen Geschäfte verantwortlich, erstellen Businesspläne und Budgets, führen Mitarbeitende und leiten Bereiche und Projekte. Vertragsverhandlungen und Angebotserstellung komplexer Aussenhandelsgeschäfte oder das Contracting der Logistikdienstleister und Distributoren gehören ebenso zu den Kernaufgaben.
Die Ausbildungsschwerpunkte
Im vorbereitenden Lehrgang zur höheren Fachprüfung «Aussenhandelsleiterin / Aussenhandelsleiter mit eidgenössischem Diplom» werden die künftigen Kaderleute für ihre anspruchsvolle Managementaufgaben in der Wirtschaft bestens vorbereitet.
Schwerpunkte in dieser Managementausbildung sind internationale Handelsgeschäfte und das Vertragswesen. Dazu gehören vertiefte Kenntnisse in den Aussenhandelsthemen Zoll und Mehrwertsteuer, Freihandelsabkommen und Warenursprung, Geldfluss und Zahlungssicherung, Transport und Logistik, internationales Vertragsrecht und Compliance sowie im Risiko-Management. Bei den betriebswirtschaftlichen Themen liegen die Schwerpunkte in den Bereichen internationales Marketing, Projekt- und Change-Management, Personalführung und im Finanzwesen.
Organisation und Durchführung
Swissmem und Handel Schweiz, als Träger der eidgenössischen Aussenhandelsprüfungen, haben die Organisation und Durchführung der jährlich stattfindenden Aussenhandelsprüfungen an die Prüfungsorganisation EPAH (Eidg. Prüfungen Aussenhandel) delegiert.
Die eidgenössischen Prüfungen setzen sich aus vier Prüfungsteilen zusammen. Die Prüfungskandidatinnen und -kandidaten bearbeiten im Rahmen einer vierstündigen Fallstudie zwei komplexe Geschäftsfälle mit Fragestellungen aus dem gesamten Bereich des Aussenhandels. In einer dreistündigen Managementprüfung werden die betriebswirtschaftlichen Kompetenzen und mit einem Fachgespräch, welches eine Stunde dauert, vier Themen des Aussenhandels und zwei betriebswirtschaftliche Themen geprüft.
Die Krönung der Prüfung bildet die Diplomarbeit. Die Prüfungskandidatinnen und – kandidaten erstellen diese meistens mit einem direkten Nutzen für ihren Arbeitgeber. Dabei werden komplexe Fragestellungen im Aussenhandel analysiert und gelöst oder internationale Geschäftstätigkeiten werden optimiert und weiterentwickelt.
Quelle: Procure Swiss Magazin/procure.ch
Autor: Stefan Würth leitet seit über zehn Jahren die Geschäftsstelle EPAH und ist zudem Prüfungsleiter der eidg. Aussenhandelsprüfungen. Zusammen mit der Prüfungskommission ist das EPAH-Team für die Organisation und Durchführung der eidg. Aussenhandelsprüfungen zuständig und stellt den Informationsfluss zu Schulen und Prüfungskandidatinnen und Kandidaten sowie Prüfungsexpertinnen und -experten sicher.